Wie wird aus einer Projektidee ein überzeugender Erasmus+-Projektantrag? Genau dieser Frage widmet sich das Erasmus+ Seminar (TCA) «Schreibwerkstatt», das im Januar 2026 bereits zum dritten Mal von der Agentur für Internationale Bildungsangelegenheiten (AIBA) in Liechtenstein organisiert wird. Das Format richtet sich an Organisationen aus den deutschsprachigen Regionen Europas und bietet Unterstützung für potenzielle Antragsteller/-innen bei der Ideenfindung und Projektentwicklung ihres Erasmus+-Projektes.
Im Interview gibt Dr. Peter Sommerauer, Leiter der e+ Akademie und Trainer des TCAs, spannende Einblicke in die Entstehung, Zielsetzung und Wirkung der «Schreibwerkstatt».
Was war die Motivation, das TCA «Schreibwerkstatt» in Liechtenstein ins Leben zu rufen?
Die Idee entstand aus dem Wunsch, Organisationen aus Liechtenstein und dem deutschsprachigen Raum gezielt bei der Entwicklung qualitativ hochwertiger Erasmus+-Projekte zu unterstützen. Gleichzeitig sollte eine Plattform für die gemeinsame Entwicklung von Projektideen entstehen. Die Schreibwerkstatt bietet einen Ort, an dem aus ersten Ideen greifbare Projekt werden. Wir arbeiten gemeinsam daran, Gedanken zu sortieren, Ansatzpunkte zu schärfen und daraus Konzepte zu formen, die sowohl kreativ als auch förderfähig sind.
Welche Zielgruppen sollen mit diesem Format besonders angesprochen werden?
Die Schreibwerkstatt richtet sich an Einsteiger/-innen und Fortgeschrittene aus dem Bildungsbereich – insbesondere aus Schulen, Berufsbildungseinrichtungen, Hochschulen, Jugendorganisationen und NGOs. Die Heterogenität der Teilnehmenden ist eine Bereicherung und der Austausch über die Bildungsbereiche bis zum Jugendbereich hin, wird sehr geschätzt. Besonders willkommen sind kleinere Organisationen, die bisher wenig Erfahrung mit Erasmus+ haben, aber grosses Potenzial für internationale Zusammenarbeit mitbringen.
Welche didaktischen Ansätze und Methoden kommen in der Schreibwerkstatt zum Einsatz?
Wir arbeiten mit einem erprobten, didaktischen Mix von Input-Lektinen, Anwendungen in der Gruppenarbeit, Präsentation und Reflexion. Wichtig ist uns, dass die Teilnehmenden voneinander lernen. Peer-Feedback hilft, Ideen zu reflektieren und besser zu machen. Mit kleinen, aufeinander aufbauenden Modulen führen wir Schritt für Schritt durch den Antragsprozess – vom ersten Gedanken zur Projektskizze und weiter bis zum ausgereiften Konzept. Dabei gehen wir auf Themen wie Bedarfsanalyse, Zieldefinition, Zielerreichung, Wirkung und Kommunikation ein, geben Tipps zur Partnerwahl, zur Finanzplanung, zum Projekt- und Risikomanagement, bis hin zur Erstellung eines klar formulierten Arbeitsprogramms – unterstützt durch interaktive Tools, Gruppenarbeit und individuelle Beratung.
Das TCA findet bereits zum dritten Mal statt. Wie hat sich das Format seit der ersten Durchführung entwickelt?
Wir haben bei der ersten Durchführung bereits ein sehr positives Feedback zur gewählten Form des Seminars erhalten. So mussten wir zwischenzeitlich nur noch feine Anpassungen an einzelnen Details vornehmen. Dazu haben wir das Feedback der Teilnehmenden genutzt und das TCA entsprechend der Rückmeldungen angepasst. Für viele Teilnehmenden stehen das aktive Netzwerken und ein kollaboratives Arbeiten an der Entwicklung eines Projekts im Vordergrund. Wir halten die Schreibwerkstatt bewusst offen für aktuelle Themen. Ob KI-Anwendungen oder neue Erasmus+-Schwerpunkte – wenn sich etwas bewegt, greifen wir es auf und bringen es in die Arbeit ein.
Welchen Mehrwert bringt das TCA für das Land Liechtenstein und seine Bildungslandschaft?
Das TCA zeigt, dass wir in Liechtenstein aktiv Bildungsinnovationen mitgestalten. Für uns ist es mehr als ein Seminar – es ist ein Signal, dass auch ein kleines Land Impulse in den europäischen Bildungsraum geben kann. Die Schreibwerkstatt stärkt die internationale Sichtbarkeit der AIBA und fördert den Wissenstransfer zwischen lokalen, nationalen und europäischen Akteuren. Zudem entstehen durch das Format neue Partnerschaften, die auch für liechtensteinische Organisationen Türen öffnen.
Welche Rückmeldungen hast du von den Teilnehmenden erhalten?
Die Teilnehmenden sind sehr engagiert und begeistert am TCA, die Resonanz ist durchweg positiv. Sie geniessen es bei uns Gast sein zu dürfen und schätzen die praxisnahe Begleitung, die wertschätzende Atmosphäre, und die konkreten Ergebnisse, die direkt in Anträge münden. Viele Teilnehmende berichten, dass sie sich nach dem Seminar erstmals sicher genug fühlten, einen Antrag zu stellen – und so entstanden z. B. am letzten TCA insgesamt 17 Projekte, die erfolgreich bewilligt wurden.
Kannst du ein Beispiel nennen, wie durch die Schreibwerkstatt ein Projekt entstanden ist oder weiterentwickelt wurde?
Ein besonders schönes Beispiel ist das Projekt «EntreCivil» das von der Universität Liechtenstein gemeinsam mit Schüssler Consulting und dem Verein SKS Integrationshilfe (Geflüchtete aus der Ukraine), sowie Partnern aus Österreich (ÖSB Social Innovation), Deutschland (Neumann und Ritter GbR) und der Schweiz (ZHAW) durchgeführt wird. Ziel ist es, geflüchtete Frauen aus der Ukraine zu stärken, die sich in zivilgesellschaftlichen Initiativen engagieren oder eigene Hilfsprojekte aufbauen möchten. Wir konnten die im Projekt Beteiligten am Seminar zusammenbringen, alle waren hoch motiviert und engagiert, aber auch sehr emotional durch die Erzählungen der Teilnehmerinnen aus der Ukraine. EntreCivil ist für mich ein Beispiel dafür, wie viel entstehen kann, wenn Menschen mit Mut und Empathie zusammenarbeiten. Aus individuellen Geschichten wird gemeinsames Handeln – und genau das trägt weiter.
Was hat dich persönlich bei der Durchführung der Schreibwerkstatt am meisten inspiriert oder überrascht?
Mich beeindruckt immer wieder die Kreativität und Vielfalt der Teilnehmenden. Besonders inspirierend ist, wie schnell aus einer vagen Idee ein tragfähiges Konzept wird – wenn die richtigen Impulse und das passende Umfeld gegeben sind. Die Energie, die in diesen wenigen Tagen entsteht, ist jedes Mal aufs Neue motivierend.
Was wünschst du dir für zukünftige TCAs in Liechtenstein? Gibt es weitere Formate?
Ich wünsche mir, dass das TCA weiterhin ein Platz bleibt, an dem Ideen Gestalt annehmen – und aus Begegnungen echte Projekte werden. Und dass wir künftig noch stärker hybride Formate anbieten können – mit digitalen Vor- und Nachbereitungen, um die Wirkung zu verlängern. Zudem planen wir neue TCAs zu Themen wie Green Erasmus, AI in Education und Inklusion durch Mobilität. Konkret planen wir für 2026 ein zusätzliches, nationales TCA zur ökologisch nachhaltigen Anwendung von KI in Erasmus+ Projekten.
Sind Sie an einer Teilnahme am TCA «Schreibwerkstatt» interessiert? Die nächste Durchführung des Seminars findet vom 19. bis 22. Januar 2026 statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Melden Sie sich jetzt an: https://salto-et.net/events/show/LI01_0799_TSS_2025